f:mp.-Klartext

Wie viel Know-how steckt in der Medienproduktion? Was sind die größten Herausforderungen und was sind die unsinnigsten Hindernisse in der Umsetzung und Gestaltung? Wer will die Uhr zurückdrehen und wer möchte mit Innovationen in die Zukunft schauen? Der f:mp.-Klartext wirft einen kritischen Blick auf Technologie, auf Konzepte und Rahmenbedingungen der Medienproduktion.
Klartext Megafon

„Kleine Brötchen backen“

Michael Bromberger,
f:mp.-Schatzmeister

Glosse von Michael Bromberger, Schatzmeister Fachverband Medienproduktioner e.V.

Last Change - Individualprint
Warum sich Onlinedruckereien mit standardisierten Prozessen auf die letzte Bastion der mittelständischen Druckereien einschießen.

In den 80er Jahren gab es in Deutschland 55.000 private Bäckereien. Der Vertrieb von Backwaren war ausschließlich dem Bäckereinzelhandel vorbehalten. Heute gibt es 3.500 Bäckereien. Der Verbraucher akzeptiert mindere Qualität und chemische Zusätze und hievt damit die Billigprodukte der Großbäckereien und Discounter auf spitze Absatzzahlen. Die „Geiz ist Geil“-Mentalität tut ihr Übriges.

Nun findet eine ähnliche Entwicklung gerade auch in der Druckbranche statt. Man braucht lediglich die Worte „Bäckerei“ durch „Druckerei“, die „Großbäckerei“ durch „Industriedrucker“ und den „Discounter“ durch „Onlinedruckerei“ zu ersetzen, schon findet man ein gleiches Bild.

Die Implikation dieser Analogie auf den Druckmarkt ist doch recht spannend. Was passiert als Nächstes? Betrachtet man Lidl, Netto, Aldi und Co., ist derzeit eine Individualisierung der Backkultur festzustellen. Aus fünf Sorten von Industrieback gelieferten Produkten werden individuell und on-demand über 30 verschiedene Produkte direkt vor Ort gebacken. Genau das gleiche passiert durch die zunehmende Individualisierung bei den sogenannten Onlinedruckereien. Die Fokussierung auf den von den mittelständischen Betrieben nur schwach verteidigten Individualmarkt ist unabwendbar. Die „Onliner“ müssen sich schließlich aus der verfluchten Preisspirale lösen und suchen schon allein deshalb das Heil in der Individualisierung.

Diesen Prozess des Marktes will scheinbar niemand aufhalten. Anstatt sich mehr für das Individualgeschäft zu öffnen und diesen Markt perfekt zu bedienen, sind immer noch viele Druckereien mit ihren Schwerlastmonstern aus Stahl und einer Technik aus der Zeit, in der meine Großmutter den Badeofen noch mit Holz eingeheizt hat, allein auf dem Auflagentrip.
Die Chance, durch moderne und kreative Techniken neue Märkte zu erschließen, ist für viele Druckereien immer noch keine Alternative. Der Digitaldruck mit seiner hohen Flexibilität und Individualität wird in vielen Fällen immer noch als stupide Ersatztechnologie integriert, anstatt sich mit dieser Technik auch faktisch zu wandeln. So brauchen wir uns nicht wundern, wenn zwei Drucker das gleiche tun, aber die Ergebnisse grundverschieden sind. Ich erlebe in vielen Druckbetrieben nur den ständigen Frust auf die sogenannten „Onliner“, nicht aber die konsequente Spezialisierung, um sich nicht nur dem Offensichtlichen zu stellen sondern auch neue Märkte zu öffnen.

Wie schaut die Zukunft nun aus? Diese Frage ist sicher nicht einfach zu beantworten. Ich meinerseits werde, während ich darüber nachdenke, jetzt zu unserem Dorfbäcker gehen. Dort stelle ich mich in die lange Schlange der Menschen, die Qualität, Individualität und die Besonderheiten des Familienbetriebs schätzen, während ich mit einem Auge den hellblauen Porsche des Bäckermeisters mit Neid betrachte. Ich werde die Qualität genießen und manche Großstadtkollegen betteln schon wieder, dass ich ihnen etwas aus dem Laden mitbringe. Übrigens hat die Bäckerei sonntags nicht geöffnet und samstags ab 12 Uhr geschlossen. Benötige ich etwas aus der Reihe, so kann ich aber auch mal am Sonntagnachmittag auf Zuruf zwei Torten mit meiner persönlichen Widmung dort abholen!

Kontakt: Michael Bromberger -

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