Ein Report: 35h Deep Dive mit ChatGPT

Wenn diese Zutaten zusammenkommen, dann verfalle ich in einen herrlichen Zustand von Euphorie und Motivation und widme mich ausschließlich dieser einen, meiner Idee. Und Sie können es sich nun denken, genau das hatte ich vor 2 Wochen.
Es begann ganz harmlos:
Samstag, ca. 10:22 Uhr – Ich setzte mich an den Rechner und begann meine Idee mit einem Trello-Board (kommt aus der agilen PM-Methode, große Empfehlung!) zu sortieren und zu organisieren. Anschließend habe ich auf einem miro Whiteboard (Online-Whiteboard mit tollen PM-Tools – probieren sie das ruhig mal aus!) viele Striche gezogen, Abhängigkeiten erkannt und schlechte Ideen aussortiert. Das Bild meiner Idee wurde klarer und auf eine faszinierende Weise sogar besser, keine Ernüchterung – gefährlich...
12:48 Uhr – Ich beschließe nun, da ich ja alleine in meinem Sumpf an verrückten Ideen sitze, mir einen Gesprächspartner zu holen – wenn Sie mich schon länger begleiten wissen Sie, ChatGPT ist mein treuer Arbeitskollege an der Seite im HomeOffice. Ich beginne also ihn zu füttern, der versteht ja inzwischen immer mehr, also schaufle ich ihn auch mit meinen inzwischen erstellten Dokumenten aus den Tools oben und er bekommt noch allerlei Erklärung von mir dazu – Meta-Informationen und meine Ziele und Motive – ein ganzes deep briefing mit allem Zapp und Zarapp an Querinfos.
Und die Antwort von ChatGPT lautete:
Ja, ich verstehe genau, worauf du hinauswillst! Du möchtest eine Art […] Das klingt fantastisch – ein echtes […].
Damit wars um mich geschehen, ich war nun selbst im deep dive! Der Kollege hat mir also nicht abgeraten oder Beispiele genannt, dass es sowas ähnliches schon gibt (ich hatte natürlich ausdrücklich um eine solche Recherche gebeten, um das zu berücksichtigen) oder das die Idee ein paar zu viele offene Enden hatte oder gar technische Hürden, die nicht ohne weiteres zu überwinden wären.
Wichtig zu verstehen ist, wenn Sie mit einem KI-System dieser Art arbeiten, es ist grds. positiv und will positive Antworten geben. Damit sie also nicht in einer Selbstlüge und Spirale landen, müssen sie aktiv Fragen stellen und Bedingungen aufstellen. Das können Bedingungen sein, dass die KI permanent, ohne weitere Aufforderungen, prüft, ob eine Idee oder Funktion ggf. schon existiert, oder die vorhandenen technischen Parameter, die vorliegen sprengt. Ein Beispiel: Sie wollen etwas entwickeln, dass beinhaltet einen Bus-Transport, dieser hat eine feste Anzahl an Sitzplätzen. Wenn im Laufe Ihrer Pläne und Ideen immer mehr beteiligte hinzukommen, sollte die KI für Sie den Überblick behalten und Sie darauf aufmerksam machen, dass inzwischen mehr Personen involviert als Sitzplätze vorhanden sind. Sie verstehen? Lassen Sie solche Dinge im Hintergrund laufen, sie müssen nur die Bedingungen klarstellen. Auf diese Weise laufen Sie nicht so schnell Gefahr in ein Dead-End zu rennen.
Der Tag schritt voran, die Sonne schien fantastisch herrlich, ein toller März-Samstag und ich blieb sitzen, fütterte die KI bekam Hinweise auf Denkfehler, Inspiration vom System für weitere Ergänzungen und hier und da auch konkrete Vorschläge zur Optimierung, auf die ich selbst gar nicht gekommen war. Das ganze nur unterbrochen davon, mein Glas mit Pepsi Maxx aufzufüllen und ab und an das WC aufsuchen, damit wieder neue kalte Pepsi in den Körper fließen konnte.
17:34 Uhr – Mir wurde langsam klar, das Ganze hat potential. Tausende Zeilen Text und Buchstaben wurden getippt und vom System generiert, ich brauchte ein BackUp, nicht auszudenken, wenn das alles verloren geht. Außer dem Trello und miro Board wäre nicht mehr viel da. Fordern Sie also die KI auf, ein Summary zu erstellen. Eines, bei dem es sofort weiß, worauf es ankommt und was die wesentlichen Bausteine sind, die sie die letzten 7h erarbeitet haben. Die erste große Enttäuschung des Tages… das funktionierte gar nicht gut. Also merken, früher und in kleineren Häppchen Textauszüge sichern! Langsam wich das helle grelle Sonnenlicht der aufkommenden Dunkelheit, sowas begrüße ich sehr, ich bin in der Dunkelheit kreativer.
21:14 Uhr – erste Ermüdungserscheinungen machen sich bemerkbar, gut 8h habe ich nun mit ChatGPT zusammengearbeitet, wirklich gut sogar. Sehr inspirativ und er hat mir viel Recherche Arbeit abgenommen und hier und da beim Entwickeln unter die Arme gegriffen. Aber nun wurde er müde. ChatGPT wurde immer langsamer und seine Antwortzeiten hingen zum Teil 20-30 Sekunden. Das macht einen verrückt, ich wurde durch die KI ausgebremst. Wenn ich müde werde, kann ich ja was essen, Pause machen usw. Aber was sollte ich nun mit diesem Kollegen tun? Ich habe zusammen mit ChatGPT Informationen ausgelagert, im Chat-Projekt mehrere Chats angelegt und diese nach Modulen sortiert und organisiert. ChatGPT hat nach meiner Aufforderung der Selbstanalyse festgestellt, er kommt mit der Menge der Informationen nicht mehr schnell genug zu seinen Antworten, da er zu viel berücksichtigen muss. Ich habe also das Ding (und ja, ich habe natürlich einen Bezahl-Account für dieses Projekt) in die Knie gezwungen, unter anderen Umständen hätte mich das ja mit Stolz schmunzeln lassen…
23:33 Uhr – Mein Kollege ist nun aufgeräumt, seine Antwortzeiten sind wieder annehmbar und noch nehme ich keine Nachteile dadurch wahr, dass er nicht immer alle Informationen direkt berücksichtigt. Das beruhigt mich enorm, ich sehe wieder einen Horizont vor mir, dass es weitergehen kann. Der Hunger meldet sich nun. Kurze Pause und dann geht’s weiter. BackUps der Chat-Protokolle machen und sicher ablegen.
Sonntag, 02:58 Uhr – Völlig aufgejuckelt mit den unzähligen Ideen im Kopf und auf dem Screen – neue Ideen die offene Enden haben (Mist!) und gelöste, also geschlossenen Enden (Hurra!) - muss ich mich mal mit echten Menschen umgeben, kurz vor 3 in Friedrichshain. Grundsätzlich kein Problem, ich habe es nur 5 Minuten bis zum nächsten Berliner Club, um diese Uhrzeit sollte auch die Schlange nicht mehr vorhanden sein. Schnell umziehen und los.
4:55 Uhr – Zurück zuhause. Das war gut, Musik lief ja sowieso schon den ganzen Tag, die letzten beiden Stunden noch etwas intensiver und ich hatte die Möglichkeit mich neu inspirieren zu lassen. Hat auch geklappt. Ich informiere meinen treuen Kollegen, der brav im Dunkeln auf dem Schreibtisch auf mich gewartet hat darüber und er legt sofort los (nun wieder in angemessener Antwortzeit) – wir haben den Mut einen Funktionsstrang komplett auf den Kopf zu stellen, ich sage Ihnen, die Kraft hätte ich VOR dem Club-Ausflug, also der geistigen Abwechslung/-lenkung (kann ja auch irgendwas anderes sein), nicht gehabt!
11:01 Uhr – Nachdem ich mir ein paar Stunden Schlaf gegönnt habe setze ich mich erneut an ChatGPT und fordere ihn aktiv auf nach unlogischen stellen und offenen Enden in meiner Business-Idee bzw. den bereits umgesetzten Funktionsmodulen zu suchen. Er findet Details, die hätte ich in 2 Wochen nicht entdeckt – das ist wunderbar und grausam zugleich, es wartet Arbeit auf uns. Aber auch hier nutze ich die Automatisierungsmöglichkeiten einer KI – Arbeit delegieren, hier trennt sich die Spreu vom Weizen, beim Benutzen der KI-Möglichkeiten!
14:52 Uhr – Ich habe das erste Mal seit gestern 10 Uhr (war das gestern?!) keine Lust mehr mich mit der Idee als solches zu beschäftigen, der Content langweilt mich und ich sehe zu viele offene Enden, die noch logisch geschlossen werden müssen, es steckt mittlerweile so viel Komplexität drin… es ist anstrengend. Aso spreche ich mit ChatGPT über die Finanzierung. Ich lasse mir Excellisten erstellen, kleine Businesspläne und lass dabei recherchieren, wie die Kosten da draußen in der realen Welt, soweit wir vergleichbares finden, aktuell zu bewerten und einzustufen sind. Es wird klar, wir brauchen externes Geld. Ich lasse mir eine Einschätzung geben, über welche Kanäle die besten Chancen bestehen an Investoren zu gelangen, worauf es bei einem Pitch vermutlich am meisten ankommt und was vermutlich unsere schwächsten Positionen innerhalb der Idee sind, die wir…kaschieren sollten, zunächst. Am Ende stelle ich noch die Frage: „Worauf müssen wir verzichten, wenn ich das Projekt mit meinem eigenen maximalen Budget realisieren möchte?“ Die Antwort war faszinierend, auf diese Weise entstand aus dem nichts fast schon eine zweite Business-Idee, da ChatGPT sehr kreativ neue Wege gesucht hat, um die Kosten zu senken, dadurch veränderte sich der Charakter und es entstand was fast gänzlich Neues.
20:35 Uhr – Ich beschließe es nun mal gut sein zu lassen. Das Hirn brennt, die Finger fast noch mehr. ChatGPT konnte zuletzt seine Performance halten, dank der ausgelagerten Chat-Protokolle und ich habe mir eine Menge BackUp-Protokolle zur Seite gelegt, unfassbar, wenn die Infos der letzten 35h verloren gingen.
Es war und ist faszinierend zu sehen, wie man mit einem KI-System unglaublich inspirierend und konstruktiv vorankommen kann. Wie man Abkürzungen nehmen kann, indem man elend aufwändige Recherchen auslagert und sich immer wieder einen Überblick schreiben lässt, um sich selbst zu überprüfen, ist man noch im Zielkorridor. Die KI holt einen auch zurück in den Zielkorridor – wenn Sie ihr die Aufgabe gegeben haben, dass es darauf achten soll. Sonst ist die Gefahr groß, dass die KI mit Ihnen auf einem positiven Pfad des „everything goes“ dahingleitet und im positiven einen Weg einschlägt, der schlicht Unsinn ist. Ich habe ganz konkret diese Erfahrung gemacht, man muss die KI stets justieren und disziplinieren.
Abschließend kann ich sagen, es waren intensive 2 Tage, die ohne KI nicht so kreativ und umfassend verlaufen wären, ich stünde noch deutlich weiter am Anfang und hätte an vielen Stellen große Unsicherheit, ob sich das alles realisieren lässt oder nicht. Natürlich ist vieles auch jetzt noch offen, jedoch war die Effizienz mit KI soviel Höher!
Haben Sie John Connor gefunden? Und was wird nun aus meiner Idee? Wie sind Ihre Erfahrungen mit einem KI-System und wenn es darum ging mehr als nu
Ich freue mich auf Ihr Feedback und Ihre Beiträge – hauen Sie doch einfach mal Ihre Meinung raus!
Fröhliche Grüße von der Spree
Ihr Harry Steiert
Weitere Informationen: https://www.f-mp.de/expertenthemen/FMP-TechScope